Mittwoch, 21. Februar 2018

... was wäre wenn, ...

... alle Ehrenamtlichen einfach mal streiken würden? Dürfen die das überhaupt?

 

Ehrenamtler   dürfen (müssen aber nicht) eigentlich viel:
  • viel arbeiten - natürlich ehrenamtlich
  • ohne Entlohnung arbeiten - immer schön freiwillig
  • kurzfristig auch nicht mehr ehrenamtlich arbeiten
  • Aufwandsentschädigung erhalten, aber nicht immer und überall
  • sich über Bürokratie und Gesetze ärgern, wie Hauptamtliche auch
  • sich Vorschriften machen lassen, wie im "richtigen" Leben
  • Sozialpolitik absichern
  • sich natürlich auch mit Herz und Seele für soziale Belange engagieren
  • interessanten Tätigkeiten nachgehen und neue Fähigkeiten entwickeln
  • bei ihrer ehrenamtlichen Arbeit versichert sein (Haftpflicht/Unfall)
  • ihr Wissen, Können und ihre Erfahrungen kostenfrei zur Verfügung stellen
  • Freizeit/Urlaub einsetzen
  • Spaß haben mit anderen Menschen
  • Anerkennung/Lob bekommen
Tja und was wäre denn wenn...
Dann würde vermutlich unser schöner Sozialstaat ganz einfach alt aussehen. Warum?
Alte und kranke Menschen würden vergeblich auf den Fahrdienst und ihre Betreuung warten. Es gäbe plötzlich mal keine funktionierenden Selbsthilfegruppen und Vereine, wie z.B. Gartenvereine, Sportvereine, Tiervereine (es gibt nicht nur Dackel!), Heimatvereine, keine Freiwillige Feuerwehr, keine "grünen Damen" in Krankenhäusern, kein Hospiz, keine Sozialarbeit für Kinder und Jugendliche, keine Sozialarbeit für Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen, keine preisgünstigen Bildungsangebote und Kurse für Senioren in Vereinen, kirchlichen und staatlichen Einrichtungen, keine Seniorenclubs, keine Suppenküchen etc.
Überall sind Menschen ehrenamtlich tätig. Sie stützen unsere Gesellschaft hauptsächlich im sozialen Bereich und im Gesundheitsbereich. Man verläßt sich auf das Ehrenamt oder - neudeutsch und gewählt ausgedrückt - das bürgerliche Engagement (schrecklicher Begriff - und Otto-Normal schüttelt darüber verständnislos den Kopf). Es finden sich eigentlich immer Mitbürger, die sich betätigen möchten - aus verschiedensten Gründen - versteht sich. So z.B. aus Nächstenliebe, aus Verantwortung, aus Ehrgeiz, aus beruflichen Gründen, aus Gemeinschaftssinn, Dabei-Sein und Dabei-Bleiben, Erfahrungenswerte weitergeben und einbringen, Helfen wollen, Nicht-Allein-Sein etc.
Ich bin dabei, weil mir Demenzkranke und ihre pflegenden/betreuenden Angehörigen am Herzen liegen, ich selbst das Chaos im Angebote-Dschungel der Dienstleister und -anbieter als unerträglich empfinde, das Krankheitsbild der Demenz nicht kannte, die Krankheit als Angehörige hautnah erlebt habe und noch erlebe. Ich möchte "Mehr Transparenz für Demenz"!
Wo aber ist die Grenze zwischen Ehrenamt und Hauptamtlich? Ab wann werden Kraft und Ideen von ehrenamtlich Arbeitenden fast schon ausbeuterisch zum Gewinn der Gesellschaft ausgenutzt?
Wenn ich Etwas in irgendeinem Gremium mitgestalte oder an einer Veranstaltung teilnehme, ist es schon sehr bedenklich einzuordnen. Dort sitzen dann außer mir meist Hauptamtlich tätige und werden dafür bezahlt, daß sie dort sitzen und diskutieren. Ich hingegen verbringe dort meine Freizeit - oft auch gern, weil Informationen und Kontakte sind einfach Alles - auch im Ehrenamt und Öffentlichkeitsarbeit muß ja auch sein. Manchmal kostet es mich auch einen Tag Urlaub. Meist ist ein kräftiger Händedruck das Dankeschön mit den Worten: "Schön, daß Sie dabei waren, weil Sie als Angehörige stehen ja der Mittelpunkt unserer Arbeit!" Einfach toll! Oder? Naja, manchmal empfinde ich das schon als sehr eigenartig und fühle mich irgendwie schlecht. "Naja, die paar Stunden im Gremium werden Sie schon bringen können? Das ist doch nicht zu viel ..." - höre ich immer häufiger. Meine ehrenamtliche Arbeit hat in letzter Zeit schon enorme Auswüchse genommen und ich überlege, ob ich das alles noch ehrenamtlich stemmen kann und will. Es ist halt nicht nur eine monatliche Zusammenkunft der SHG zu organisieren und dazu die Einladungen zu versenden. Es ist eigentlich ein Full-Time-Job - ehrenamtlich, versteht sich, alles ehrenamtlich. Ich soll meine pflegenden und betreuenden Angehörigen von Demenzkranken aus der SHG mit einbeziehen? Das meinen Sie jetzt nicht im Ernst? Die haben meist schon einen 24-h-Job am Hals, wenn Sie verstehen, was ich meine... Möglicherweise könnte man einen Verein gründen ... naja, meinerseits abgelehnt, wäre noch mehr Bürokratie als jetzt schon vorhanden, zu bewältigen. Vielleicht ist ein gutes Projekt die Lösung - überall werden sie gestartet - eine Möglichkeit, Auftrieb zu gewinnen. Ideen habe ich da reichlich, aber es möchte dann bitte schön auch mal ein bischen Kohle rüberkommen so für zwei versicherungpflichtige Arbeitsplätze über mehrere Jahre gestaffelt. Ich soll weiterträumen? Kein Problem, mache ich auch. Träume sind doch gut und beflügeln unseren Alltag. Für Träume leben und arbeiten wir. Warum nicht maximal denken, um optimale Ziele zu erreichen? Das ist doch sowieso das Prinzip hier und heute. Handeln und Feilschen - auch im freiwilligen Sektor...
Also mal ehrlich, was wäre, wenn wir mal rebellieren, um uns Gehör zu verschaffen, wären Sie da auch betroffen? Vielleicht nehmen Sie alles als selbstverständlich hin, was da so ehrenamtlich geboten wird oder Sie wissen garnicht, daß das jemand aus reiner Nächstenliebe oder s.o. macht?
Und dieser Artikel hier? Na klar, auch ehrenamtlich ...

by petrakoczan