... und verteilt sie in der Wohnung...
Demenzkranke sind anders. Sie benehmen sich anders. Sie sprechen anders. Drücken sich anders aus. Sie reagieren anders. Anders als ...? Und wieso anders?
Angehörige klagten darüber, daß ihr Erkrankter ständig beschriebene Zettel in der Wohnung verteilt und sind ratlos, was sie denn jetzt machen können. Es nervt einfach, diese Zettelwirtschaft... so überall und immerzu...
Eigenartiges Verhalten! Wirklich eigenartig? Oder doch eher normal? Was bedeuten diese Zettel? Einfach einsammeln und wegwerfen? Dem Kranken vor die Nase halten und zerreißen? Ihn für sein Verhalten ausschimpfen? Und ihm das Schreiben verbieten und alle Schreibutensilien im Schrank vor seinen Augen wegschließen?
Sie ahnen es sicherlich schon... A l l e s n i c h t s o g u t ! Versteht er, der Kranke, nämlich gar nicht und wird vielleicht noch aggressiv, haut und kneift Sie unmittelbar, ist missgelaunt, bockt... wird stock steif, schmollt sogar... Er wird vermutlich alle ihm möglichen Mittel anwenden, um den Schrank zu zerlegen oder wie wild mit einem Gegenstand darauf herumklopfen. So etwas haben die Meisten auch schon erlebt. Richtig, vielleicht bei den eigenen Kindern - als sie im sogenannten "Trotzalter" waren ...
Denken sie "verrückt" - im Sinne von: verrücken Sie Ihre Gedanken in andere Richtungen oder Dimensionen. Versuche Sie sich auf die Ebene des Erkrankten zu begeben - in seine Welt, in seine Realität. Fragen Sie sich, warum schreibt er Zettel? Möchte er mir damit etwas sagen?
Freuen sie sich erstmal darüber, daß Ihr Erkrankter noch Lesen und Scheiben kann und nutzen Sie diese doch etwas andere Art der Kommunikation mit ihm. Schenken Sie ihm Aufmerksamkeit. Er will mit Ihnen in Verbindung bleiben, warum sollte er sonst "Briefchen" schreiben? Was ist der Sinn der (Auf)Schreiberei? Sie haben doch früher sicherlich per Liebesbrief in Verbindung gestanden? Gehen Sie darauf ein. Antworten Sie ihm - schriftlich - auf dem selben Zettel. Nur kurz und bündig, aber trotzdem freundlich. Wenn Ihnen eine Aussage auf dem Zettel nicht gefällt, dann gehen Sie eben nicht darauf ein und schreiben einfach "Ich liebe Dich!" oder legen ein Stück Schokolade darauf und gehen einfach weg. Post bekommen ist doch toll und festzustellen, daß der Andere die Nachricht gelesen hat. Oder?
Demenzkranke sagen oder schreiben Dinge, die sie so nicht ausdrücken wollten, es kommt eben etwas ganz andereres heraus. Vielleicht wollte er nur sagen, daß er Ihre Gesellschaft vermisst und heraus kam, zum hundertsten mal die Frage, wo das Auto denn steht? Er versteht nicht, wenn Sie ihm auch zum hundertsten Mal antworten, daß das Auto auf der Straße vor dem Haus steht und ihm es jedesmal nachdrücklich zeigen und innerlich selbst vor Wut kochend.
Probieren Sie einfach diese Art des "Gespräches" oder des Miteinander-ins-Gespräch-Kommens. Tauchen Sie ein, in die Welt Ihres Erkrankten. Haben Sie teil an seinem Leben. Er kann an Ihrem Leben nicht mehr so intensiv und wirklich teilhaben - ist zu kompliziert und zu umfangreich. Machen Sie mit, weisen Sie ihn nicht ab. Für Sie, als Angehöriger, mag es wie ein eigenartiges Spiel aussehen, für Ihren Erkrankten ist es die Realität...
PS: Das ist keine wissenschaftlich begründete Abhandlung, sondern basiert auf Erfahrungen von Angehörigen von Demenzkranken, kann bei Erkrankten beste Wirkungen zeigen, aber auch das volle Gegenteil bewirken... Für Risiken und Nebenwirkungen wird keine Haftung übernommen...
copyright Photo und Text by petrakoczan
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