Donnerstag, 18. Februar 2016

Das Korsakow(-Demenz)-Syndrom

Ein Gläschen in Ehren …

Alkohol und Demenz ... besteht da ein Zusammenhang? 

Weinprobe oder Lebertest?
Ein eindeutiges "Ja" und er heißt Korsakow-Wernicke-Syndrom. Sie haben recht, es klingt schon wie "Wodka" und "sto-gramm", ist aber lediglich 
  • Herrn Sergej Korsakow (1854–1900), seines Zeichens Psychiater und Neurologe geschuldet, der "...eine erste detaillierte Beschreibung ...1887 anhand der Untersuchung bei 18 Alkoholkranken als "polyneuritisches anamnestisches Syndrom" veröffentlichte..."(Quelle: Wikipedia)    und
  • Herrn Carl Wernicke (1848-1905 begraben in Gotha) ebenfalls Psychiater und Neurologe. "Die Wernicke-Enzephalopathie ... ist eine degenerative encephaloneuropathische Erkrankung des Gehirns im Erwachsenenalter. Sie tritt bei Vitamin-B1-Mangel auf. Die Erstbeschreibung geht auf ..."Herrn Wernicke"... zurück, der 1881 eine Studie über hämorrhagische Veränderungen in der grauen Substanz der Mamillarkörper bei drei Alkoholikern beschrieb und dies als Polioencephalopathia haemorrhagica superior beschrieb..." (Quelle: Wikipedia)
Das klingt hochwissenschaftlich, ist es natürlich auch. Und zeigt, dass die ganze Sache schon recht lange bekannt ist und erst zur heutigen Zeit mehr denn je zur Beachtung kommt.

Es ist eine schwere und abstoßende Form der Demenz (ähnelt im Verhalten der Betroffenen der frontotemporalen Demenz) und im wahrsten Sinne hart für alle Angehörigen und ein Horrorszenario für die Mitmenschen.
Zunehmende Fälle dieser Demenz lassen aufhorchen. 

Dabei fängt alles "nur" mit übermäßigem Alkoholkonsum über viele Jahre hinweg an. Gefolgt von Gelbsucht, die meist im Anfangsstadium durch Medikamente bekämpft werden kann und muss. Die Leber macht dann nach mehreren solchen Attacken schlapp (alkoholische Leberschädigung und später Leberzirrhose) und kann die vielen Gifte (wir nehmen auch sonst noch genug andere "Gifte" auf!) im Körper nicht mehr kompensieren, abbauen. Der Körper wird mit Giften überschwemmt. Die Gifte lagern sich im ganzen Körper und auch im Gehirn ab. Der Betroffene erleidet eine massive Schädigung des Gehirns. Gabe von Laktulose hilft, die Gifte unangetastet aus dem Körper zu entfernen. Aber vermehrte Gabe von Laktulose führt zu Juckreizen auf der Haut und ist ein Abführmittel.
Durch die Nahrung aufgenommenes Vitamin K und B1 werden schlecht oder gar nicht mehr verarbeitet und es treten Vitamin-K-Mangel Erscheinungen ( Blutgerinnungsstörung) und Vitamin-B1-Mangelerscheinung ( Nervenvitamin) auf. Die Blutgerinnung (meist unförmige dunkelrote bis braune Flecken unter der Haut) ist gestört und kleinste Verletzungen oder Druckstellen lösen Blutungen aus. Juckreize treten auf und schon blutet der Betroffene an diesen Stellen immer wieder. Alles geht dann noch einher mit einer Polyneuropathie (Nervenstörung an der Hautoberfläche).
Es ist ein Teufelskreis von Symptomen und deren Bekämpfung. Manchmal gelingt es, die Leber teilweise zu "retten" und die Funktion aufrechtzuerhalten. Aber selbst dann steht der Betroffene oft kurz vor dem Abgrund und es ist eine absolute Abstinenz in puncto Alkohol erforderlich. Auch angepriesene alkoholfreie Biere, Sekt und Weine sind mit Vorsicht zu betrachten, denn auch dort gibt es noch geringfügige "Prozente" und lassen das Bedürfnis auf mehr und hochprozentigen Alkohol wieder steigen.

Aber wir dürfen die Betroffenen und ihre Angehörigen nicht verurteilen. Meist sind es Lebensumstände, die zu übermäßigem Alkoholkonsum führen. Zu jedem Betroffenen gehört auch eine Lebensgeschichte, die anhörenswert ist, auch wenn die Demenz bereits vorangeschritten ist. Wir sollten auch diese Menschen nicht von uns stoßen, sondern als Mitmenschen sehen, sowohl in der in der Familie, in der Nachbarschaft als auch in den Pflegeheimen. Spezielle Pflegeheime für Korsakow-Betroffene sind rar. Aber einen Lichtblick habe ich trotzdem entdeckt. Mir ist ein Pflegeheim bekannt, das diesbezüglich an einem Projekt arbeitet. Es gibt eine Station innerhalb des Heimes mit speziellen Angeboten und spezieller Betreuung. 

Noch einige Gedanke: Es ist natürlich peinlich, einen solchen Alkoholkranken und dann auch noch mit "Korsakow" zu haben. Warum eigentlich? Wir tabuisieren, tolerieren und belächeln Menschen mit zu viel Alkoholkonsum oder zeigen ganz unvermittelt mit dem Finger auf sie. Derjenige ist eben alkoholkrank (!!!) und weiter geht's... Es ist halt eben so... Wirklich? Machen wir uns doch nichts vor, Alkohol ist eine Droge und ein Gift für den menschlichen Körper. Warum trinken Menschen dann zu viel davon? Er ist doch nicht gesund! Ist Eierlikör wirklich ein "Genussmittel", weil er im Schoko-Waffel-Becher serviert wird? Vielleicht sollte auf jeder Flasche mit alkoholischem Inhalt auch ähnlich wie bei den Zigaretten, ein Vermerk stehen, dass "übermäßiger Konsum der Gesundheit schadet" versehen mit einem Internet-Link oder einer APP zu den Folgen?

Weiß wirklich jeder, wann seine Grenzen überschritten sind, auch gesundheitlich? Wächst die Leber tatsächlich mit ihren Aufgaben? Irgendwann schafft sie es dann doch nicht mehr und macht schlapp… Zu viel ist eben zu viel!

Gut -  jeder darf und muss auch selbst auf sich aufpassen... Wir sind ja alle schon groß, erwachsen und jenseits der 18 Lenze. Es ist übrigens auch nie zu spät, sich Hilfe zu holen z.B. in Selbsthilfegruppen, Gesprächskreisen, Ärzten und Therapeuten. Darüber selbst sprechen wollen und können ist ein guter Ansatz. Abgesehen davon, das Zeug einfach in das nächstgelegene Ausgussbecken wegzuschütten oder gar nicht erst zu kaufen. Wir haben, jeder von uns nur ein einziges Leben – eine einzigartige Lebens-Chance auf dieser Welt…
Und zu Allerletzt eine Frage an alle, die zu oft "zu tief in Glas schauen": Wollt Ihr das Alles Euren Angehörigen und Euch wirklich antun?

Das alles ist keine wissenschaftliche Abhandlung und basiert auf Erfahrungswerten von Angehörigen. Daher bitte ich eventuelle wissenschaftliche Unstimmigkeiten zu entschuldigen.

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